Zum 40-Jahr-Jubiläum der „cappella nova graz“
„Wer sich die Musik erkiest, hat ein himmlisch Gut gewonnen …“, heißt es in einer Motette Anton Heillers nach einem Text von Martin Luther.
Ja, auch Otto Kargl hat sich die Musik erkiest. Erkoren. Als seinen beruflichen Lebensinhalt, als seine künstlerische DNA auserwählt. Und der Kirchenmusiker trat seinerzeit während seines Studiums die Reise in die Klangwelten der Sakralmusik nicht allein an. Indem er nämlich die „cappella nova graz“ gründete. Das ist jetzt auch schon wieder zarte 40 Jahre her.
Seitdem hat sich viel getan bei dem heute rund 20-köpfigen Vokalensemble, das die A-cappella-Literatur genauso gründlich durchmisst wie das Chor-Orchester-Repertoire, mit kongenialen Partnern wie etwa Michi Gaiggs „L’Orfeo Barockorchester“. Es ist aber auch vieles gleich geblieben. Die künstlerisch hohe Qualität zum Beispiel. Und dass sich die eingeschworene Truppe fast ausschließlich dem „himmlisch Gut“ verschworen hat.
Wenn Musik „die Kurzschrift der Gefühle“ ist, wie Leo Tolstoi einst sagte, dann darf man Otto Kargl und die Seinen feinsinnige Stenographinnen und Stenographen nennen. Aber beim Singen im Allgemeinen und bei diesem außergewöhnlichen Kammerchor im Besonderen geht es freilich weder um Kürze oder Länge. Es geht vielmehr um Breite und Tiefe. Die „cappella nova graz“ schlägt jedenfalls breite musikalische Bögen, von Monteverdi über Bach, Mozart und Bruckner bis hin zu Uraufführungen, etwa von Beat Furrer. Und was immer auf den Pulten liegt: Otto Kargl, von 1992 bis 2022 Domkapellmeister in St. Pölten, geht mit seiner „cappella“ tief hinein in Sinn, Stil und Wesen der jeweiligen Musik.
Wobei, man muss sagen: 40 Jahre, das klingt schon eher nach Langschrift als nach Kurzschrift der Gefühle. Also auf noch viele emotionsreiche Jahre mehr! Erkiesen, singen, „himmlisch Gut“ gewinnen! Denn, so heißt es bei Luther weiter: „Wenn einst in der letzten Zeit alle Ding wie Rauch vergehen, bleibet in der Ewigkeit die Musik noch bestehen …“
Michael Tschida, Kulturredakteur der Kleinen Zeitung Graz (und einst selbst Mitglied der „cappella nova graz“)